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Erinnerungen von Katharina Hanauer
Am 22. April 1945 war der Krieg für Pfreimd mit dem Einmarsch der Amerikaner beendet. Die Einnahme der Stadt ging nicht ohne Schaden vor sich. Unter anderem brannten Häuser und Stadel im Prägarten. An die Ereignisse dieses Tages erinnere ich mich wie folgt:
Unser Nachbar Mutzbauer hatte in den Tagen, in denen die Amerikaner auf Pfreimd heranrückten, in seinem Garten einen Schutzgraben ausgebaut. Als nun die US-Streitkräfte sich von Wernberg her gegen Pfreimd bewegten, und die Panzer ihre Rohre auf die Stadt richteten, flüchtete ich mit meinen Eltern in diesen Schutzgraben. Ich wollte aber dringend noch etwas Notwendiges aus dem Haus holen und lief über den Garten. Im gleichen Augenblick krachten Schüsse über meinem Kopf. Ich warf mich zu Boden und wagte nicht aufzuschauen. Doch da rief mein Vater schon: "Es brennt! Die Scheune vom Nachbarn brennt! Schnell, das Vieh aus dem Stall!" In aller Hast und Eile führten wir das Vieh in den Nachbar-Garten. Die Scheune unseres Nachbarn Josef Prill war von einer Brandgranate aus dem Rohr eines Panzers getroffen worden. Sie stand sofort in hellen Flammen. Von hier griff das Feuer über auf die Scheune von Frau Graf, ergriff weiter das Wohnhaus von Herrn Prill und dazu unser Wohnhaus, die Scheune, die Stallung und sonstige Anbauten. In kürzester Zeit war unser Besitz und der der Nachbarn vernichtet.
Zwar rückte die Feuerwehr an, aber die ungeübte Bedienung vermochte den Pumpen-Motor nicht anzuwerfen, so daß sie hilflos dem zerstörenden Feuer zusehen mußte. Spontane Selbsthilfe mit Wassereimern usw. war zwecklos. Nur allzubald standen wir vor den verkohlten Ruinen unseres Hauses. Was meine Eltern in langen Jahrzehnten mühsam aufgebaut hatten, war jetzt in ihren alten Tagen dahin.
Wie sollte es weitergehen? Meine Eltern waren alt, ich stand alleine da. Mein Mann war zum Kriegsdienst einberufen worden. Zu allem Unglück mußte ich ausgerechnet in diesen Tagen erfahren, daß er auf dem Rückzug gefallen war; ein Heimkehrer aus Krummennaab überbrachte uns die bittere Nachricht. Nur mein Bruder, Pater Werinhard, kam uns mit Erlaubnis seiner Klosteroberen zu Hilfe und konnte einige Zeit tatkräftig am Wiederaufbau mitarbeiten.
Während meine Mutter zu einem Wiederaufbau überhaupt keine Lust und Initiative zeigte, entwarf mein Vater zusammen mit Herrn Andreas Hösl sofort einen neuen Aufbau-Plan. Er war der Meinung, es müßte alles wie ehedem beschafft werden können, hoffte vor allem auf eine entsprechend spürbare Mithilfe der Gemeinde, für die wir gleichsam das Opfer für die gewaltlose Übergabe der Stadt an die amerikanische Besatzungsmacht gebracht hatten. Leider wurde mein Vater in beiden Punkten bitter enttäuscht. Von der Gemeinde erhielt er ein Almosen von 936 Reichsmark. Das Brandversicherungsamt Amberg lehnte jede Bezahlung strikt ab, weil es sich um einen Kriegs-Schadensfall handelte. Lediglich die Caritas schenkte uns eine Hilfe von 500 Reichsmark.
Das größte Problem war die Material-Beschaffung. Es gab keine Post, keinen Zugverkehr; es waren die Ämter in den Gemeinden und im Landkreis unbesetzt. Kriminelle Elemente versuchten, sich in diesen leeren Stellen einzunisten; die Geschäfte und Firmen waren geschlossen oder standen still. Wer es nicht mitgemacht hat, kann sich kaum eine Vorstellung von diesen trostlosen Verhältnissen machen.
Aber es gab auch in dieser Zeit noch den "guten Menschen", der uns selbstlos und gütig seine Hilfe schenkte. Ich darf hier auch im Namen meines Bruders unter vielen anderen stellvertretend für sie einen Namen nennen: Herrn Hans Eger vom Kulm. Mit seinen kleinen Rössern hat er das Bauholz weg vom Wald, viele weite Wege transportiert. Ihm, und allen anderen Wohltätern ein aufrichtiges "Vergelt's Gott!". Vereint mit ihnen geschah dieses kleine Wunder, daß ich, zusammen mit meinen Eltern, zwar in einem feuchten, leeren und schmucklosen, aber im eigenen Haus Weihnachten 1945 feiern konnte.